Sternekoch Marc Fosh liebt ungewöhnliche Kreationen
Es dampft, es brodelt, es köchelt. Kühlschranktüren schlagen, Mixer surren, Geschirr klappert. „Wie weit ist der Fisch?“ „Eine Minute.“ Mehr wird nicht geredet. Weil alles gesagt ist. Weil jeder weiß, was er zu tun hat, in der Sterne-Küche von Marc Fosh, in der alles auf die Sekunde getimet ist. Zufälle können woanders passieren. Der Mann aus London, der im Landhotel Read´s bei Santa Maria seit zehn Jahren „die Mütze auf hat“, arbeitet mit seinem internationalen Team in hoch konzentrierter Atmosphäre.Das ist seine Art. Er sei kein nervöser Typ, sagt der 42-Jährige. "Das würde sich nur auf die anderen übertragen.“
Eine Bestellung nach der anderen wird von den Kellnern in die Küche gereicht, eine 35-Quadratmeter-Welt ohne Fenster. Das Degustationsmenü mit immerhin sieben Gängen ist besonders gefragt. Amuse-Geules werden angerichtet, Salate zurecht gezupft, Saucen dekorativ auf Teller getröpfelt. Die Anspannung steigt, Schweißperlen glitzern auf Stirnen, Wangen röten sich. Je höher es hergeht, desto routinierter arbeiten die sechs Männer und Frauen in der Küche. Nur Foshs Stimme sagt: „In vier Minuten Ente an Tisch 14“. An manchen Abenden gehen 300 Gerichte raus. Lauwarme Jakobsmuscheln mit einem Schaum von Limetten und Möhren zum Beispiel, geräucherter Aal auf neuen Kartoffeln an Passionsfrucht-Vinaigrette, Traubencarpaccio auf Foie gras, Stockfisch mit einer Aloe-Vera-Gelatine.
Fosh liebt die kleinen kulinarischen Abenteuer und überrascht häufig mit beinahe provokanten Kombinationen. Etwa, wenn er der Ente noch ein wenig Eukalytus-Salz über die Kruste streut oder den Schokoladentrüffeln mit dem Edelsalz Sal de Flor das „Finish“ gibt. „Eine Kleinigkeit, aber sie ändert so viel!“, sagt der Starkoch verschmitzt, der mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet ist. Wie kommt man auf solche Zusammenstellungen? „Auf dem Sofa“, meint Fosh. Wenn er gemütlich auf seiner Couch in Marratxí liegt, fängt er an, „mit dem Kopf zu kochen“. Dann denkt er nach und ihm fällt zum Beispiel Hibiskus ein. „Ich überlege: Dazu könnte man Erdbeeren kombinieren, Passionsfrucht würde auch passen. Doch wozu? Am besten als Sauce zu Panacotta!“ Natürlich ist bei diesem Dessert Panacotta die Hauptsache. Doch Fosh rollt das Ganze von hinten auf. Fängt mit etwas scheinbar Unbedeutendem wie Hibiskus an und kommt dann zum Wesentlichen.
Allerdings sind die Kreativstunden bei ihm zuhause in letzter Zeit selten geworden. Fosh fliegt alle paar Wochen nach Moskau, wo er am Roten Platz ein Restaurant kulinarisch berät. Er baut auf einem Hektar vor dem Read´s seinen eigenen Wein an, das hoteleigene Bistro 33 mit täglich wechselndem Mittags-Menü will betreut sein. Und eine Kochschule für Jedermann, Fosh Food in Palma, hat er auch noch. Dort lässt sich der Meister der Töpfe in eben jene gucken, gibt Anleitungen und seine besten Tipps weiter. Beinahe jeden Morgen geht Fosh durch die Markthallen in Palmas Santa-Catalina-Viertel, kauft alles frisch ein. „Wenn man gute Zutaten hat, kann man so viel nicht falsch machen“, ist er überzeugt. Seinen Tag beschließt er gegen Mitternacht, wenn die „Ernährer“ („im Prinzip sind wir ja nichts Anderes“) die Schlacht im Restaurant geschlagen haben. Dann trinkt er häufig mit seiner Crew noch ein Bier. Er braucht diese vertraute Atmosphäre mit „seinen Jungs“, zu denen auch zwei Frauen gehören. „Happy chefs make better food“, lautet sein Credo. Sie kochen einfach besser, die glücklichen Chefs.